Hunde sind wahre Verbergungskünstler – Schmerzen beim Hund
Die meisten Hunde zeigen nur sehr subtil an, wenn sie Schmerzen haben. Ganz viele verklemmen es sich zu 100%, uns zu zeigen, dass es ihnen nicht gut geht.
Warum ist das so?
Dieses Verhalten hat mit Sicherheit einen evolutionsbedingten Hintergrund. Zeigte sich ein Tier im Rudel schwach oder ist verwundet, drohte ihm ein Rudelausschluss. Instinktiv versuchen unsere Hund sich auch in der heutigen Zeit stark zu zeigen und ihre Schmerzen und ihr Unwohlsein zu verbergen.
Auch können Hunde bekanntlich nicht sprechen, resp. sie beherrschen die Menschensprache nicht. Aber sie kommunizieren auf ihre arttypische Weise mit uns. Hier bist nun du gefragt. Du musst die Hundesprache lernen, denn je besser du die Sprache deines Hundes verstehst, desto besser kannst du verstehen, was er dir mitteilen will. Also bitte genau hinschauen!
Was sind Schmerzen?
Schmerzen sind Sinneswahrnehmungen, die von Rezeptoren und den angeschlossenen Nerven aufgenommen und ins Gehirn geleitet werden. Im Gehirn werden diese Sinneswahrnehmungen eingeordnet und entsprechend dem Ergebnis wird das Verhalten angepasst.
Schmerzen können aber auch auf Reize, welche von aussen einwirken, beruhen. Auch körperliche Vorgänge können Schmerzen verursachen. Schmerzt ein Gelenk, zeigt uns dieser Schmerz an, dass im Gelenk nicht alles reibungslos funktioniert. Eine Sauerstoffunterversorgung kann zu Herzschmerzen führen. Bei uns Menschen können durch psychische Belastungen Schmerzen verursacht werden. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind Rückenschmerzen. Ich gehe davon aus, dass auch bei Hunden Schmerzen ausgelöst werden können, welche ihre Ursache auf der psychischen Ebene haben.
Unsere Hunde sind alle sehr unterschiedlich und so reagiert jeder einzelne mit mehr oder weniger ersichtlichen Symptomen bei Schmerzen. Einige Hunde zeigen Schmerzsymptome auch nur, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Sind die Schmerzen eines Tages fast unerträglich, sind die Schmerzsymptome nicht mehr übersehbar.
Damit es gar nicht erst soweit kommt, beobachten wir unsere Hunde sehr genau um bei Veränderungen rasch etwas zu unternehmen.
Akute Schmerzen – chronische Schmerzen
Symptome bei akuten, sofortig eintretenden Schmerzen, sind unübersehbar. Als Beispiel möchte ich hier eine Magendrehung erwähnen.
Die Magendrehung erfolgt nicht in einem Akt, sie verstärkt sich durch die zunehmende Aufgasung des Magens. Die Symptome sind zunächst sehr unspezifisch. Der Hund wird unruhig und läuft hin und her. Der Kopf hängt tief, der Rücken ist gekrümmt. Er wechselt zwischen Liegen, Stehen und Gehen ständig seine Position. Er wird versuchen sich zu übergeben. Jedoch geht das nicht, weil der Mageneingang zugeschnürt ist. Trinkt er vielleicht etwas Wasser, wird dieses nach kurzer Zeit wieder durch das Maul nach aussen befördert. Der Bauch wird an Umfang zunehmen und hart werden wie eine Trommel. Der Allgemeinzustand des Hundes verschlechtert sich zunehmend. Die Schleimhaut im Mund ist weiss. Er wird apathisch und schliesslich kann er sich nicht mehr aufrichten. Der Hund verstirbt in der Seitenlage durch einen Kreislaufschock.
Eine Magendrehung verläuft bei unterlassener Hilfeleistung immer tödlich! Sie ist ein absoluter Notfall. Bei einer Magendrehung zählt wortwörtlich jede Minute. Egal ob mitten in der Nacht oder am Wochenende – ab zum Tierarzt!
Warum ich gerade über eine Magendrehung so viel schreibe, hängt mit meiner früheren Tätigkeit als Hundesitterin zusammen. Hatte ich tatsächlich einige Kunden, welche das Wort „Magendrehung“ noch nie gehört hatten und demzufolge beim Ernstfall den absolut dringenden Handlungsbedarf nicht hätten erfassen können.
Chronische Schmerzen sind nicht sofort zu entdecken, sie entstehen langsam. Es ist wie bei einem Schwelbrand. Es zündelt etwas vor sich hin und plötzlich entsteht ein grosses Feuer. Durch unser liebevolles und aufmerksames Beobachten unseres Hundes, können wir diese Schwelbrände in vielen Fällen vor Brandausbruch, löschen.
Chronische Schmerzen können sich auch verselbständigen. Mediziner sprechen in diesem Fall von einem „Schmerzgedächtnis“. Werden die betroffenen Nerven häufig aktiviert, senden sie dem Gehirn über einen langen Zeitraum „Schmerz“ zu. Behandelt man nun diese chronischen Schmerzen und kann der tatsächliche Auslöser eliminiert werden, senden die Nerven dem Gehirn weiterhin „Schmerz“.
Der eigentliche Schmerz ist weg oder bereits am abklingen, die Nerven „feuern“ aber immer noch mit voller Pulle. Aus diesem Grund ist es wichtig, Schmerzen zeitnah zu behandeln.
Schmerzsymptome
Schmatzen
Dieses Symptom zeigen Hunde sehr oft. Häufig wird es vom Besitzer gar nicht wahrgenommen, da es die meisten Hunde nur sehr unauffällig zeigen. Jedoch können Zahnschmerzen, Arthroseschmerzen, Magenschmerzen u.ä. die Ursache sein. Es gibt aber auch Hunde, welche schmatzen, wenn sie zufrieden und glücklich sind.
Um das Schmatzen zu differenzieren und richtig einzuordnen, muss du deinen Hund ganz gut kennen, ihn beobachten und dir auch mal Gedanken über sein Verhalten machen.
Lustlosigkeit
Dein Hund möchte nicht Spielen und am liebsten den ganzen Tag auf seinem Bettchen verbringen. Vielleicht mag er auch nicht mehr auf das Sofa oder ins Auto springen. Alles was ihm vorgängig Spass gemacht hat und auch ohne Probleme funktionierte, wird nicht mehr oder nur mit Widerwillen ausgeführt. Denke nicht, dass dein Hund plötzlich zur faulen Socke mutiert ist. Diese Lustlosigkeit, es kann durchaus auch eine totale Verweigerung sein, kann mit Schmerzen und allgemeinem Unwohlsein im Zusammenhang stehen. Hast du Bauchschmerzen, möchtest du vermutlich auch nicht an einem Federballspiel teilnehmen. Du machst es dir mit einem Tee auf dem Sofa oder im Bett gemütlich.
Futterverweigerung
Du überlegst dir täglich, wie du das Futter in deinen Hund reinbringen könntest. Bis anhin hat er doch alles ohne Probleme und ohne zu mäkeln verschlungen.
Beobachte deinen Hund hier genau. Hat er vielleicht Magenschmerzen oder er weiss, dass ihm das angebotene Futter nicht bekommt. Könnte da eine Unverträglichkeit dahinter stecken? Will dein Hund die angebotenen Knochen oder Kauartikel nicht mehr zerschreddern oder kaut er einseitig auf ihnen herum? Da lohnt sich ein Blick in sein Maul. Ist ein Zahn kaputt oder das Zahnfleisch entzündet? Hier ist sofortiger Handlungsbedarf angesagt. Zahnschmerzen sind oft kaum zum Aushalten – falls du schon mal unter so richtigen Zahnschmerzen gelitten hast, weisst du wovon ich spreche.
Das Gangbild ist unrund
Hier bedarf es schon einem sehr genauen Blick auf den eigenen Hund. Hunde hinken oft sehr, sehr unauffällig. Mag er eine Pfote nicht mehr so richtig aufsetzen oder schleift ein Bein etwas nach? Läuft er plötzlich im Passgang? Beim Sitzen nimmt er eine schräge Haltung ein – er sitzt auf einer seiner Pobacken. Er will nicht mehr absitzen und legt sich lieber hin. Er hat vielleicht mehr Mühe beim Aufstehen. Das Treppensteigen geht nur langsam voran oder er zögert vor der Treppe, um überhaupt eine Pfote aufzusetzen. All diese Anzeichen sollten genauer beobachtet werden. Alles was sich bei deinem Hund verändert ist in den meisten Fällen ein Hinweis, dass irgendwo etwas nicht mehr im Lot ist. Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass in solchen Fällen ein Termin bei einer Hundephysiotherapeutin angesagt ist.
Die Augen
Auch ein genauer Blick auf die Augen des Hundes kann aufschlussreich sein. Sind die Augen blutunterlaufen? Die Pupillen verengt oder erweitert? Hunde mit Schmerzen neigen auch dazu, häufig zu schielen.
Körperhaltung
Gekrümmter Rücken, steife Bewegungen eingeklemmte Rute, hängender Kopf, häufiges Zittern oder übermässiges Schütteln, Schrubbeln und Kratzen können ebenfalls ein Hinweis auf Schmerzen sein. Manche Hunde versuchen damit, dem Schmerz zu begegnen. Leckt sich der Hund auffallend oft an ein und der selben Stelle, es ist aber keine Verletzung sichtbar, kein verkrustetes Fell, keine festgebissene Zecke, kein Kratzer vom Herumtoben und Hängelbleiben an einer Dornenhecke, sollte das ein Alarmsignal sein. Hunde versuchen nämlich auch tiefer liegende Verletzungen, resp. Schmerzen „sauberzulecken“.
Verhaltensveränderungen
Plötzlich hat dein Hund eine Macke! Es kann durchaus sein, dass dieses Verhalten durch Schmerzen ausgelöst wird. Ist er plötzlich viel gestresster oder zeigt gar ein aggressives Verhalten? Er will nicht mehr alleine bleiben? Er lässt sich an bestimmte Stellen nicht mehr gerne anfassen und schnappt evtl. sogar nach deiner Hand? Er schüttelt seinen Kopf vermehrt und jault kurz auf, wenn du ihn an seinen Öhrchen berührst? Nach 10 Minuten spazieren, will er partout nicht weiter und nimmt den Rückweg unter die Pfötchen?
Bemerkst du solche Verhaltensveränderungen bei deinem Hund, schau bitte genauer hin.
Mit höllischen Kopfschmerzen möchtest du auch kein Ohrenstäbchen in deinem Ohr haben oder an einer grossen Wanderung teilnehmen.
Welche der genannten Schmerzsymptome dein Hund zeigt, hängt auch von seiner Persönlichkeit ab. Er kann ruhelos und nervös sein oder antriebslos, apathisch, aggressiv und gar schnappen. Die meisten Hunde schreien nur beim ersten Schmerz auf. Manchmal „jammern“ oder „weinen“ Hunde, wenn sie Schmerzen haben.
Beobachten
Deinen Hund zu kennen, bedeutet auch, dass du bemerkst, wenn sich bei ihm etwas verändert. Kein Hund auf dieser Welt hat es verdient, dass man ihn mit Schmerzen einfach seinem Schicksal überlässt. Er kann die Telefonnummer des Arztes nicht alleine wählen, das ist in deiner Verantwortung. Dein Hund wird dir deine Aufmerksamkeit ihm gegenüber mit unendlicher Liebe danken.
Damit dir nichts entgeht, kannst du für einige Wochen alles in ein Notizbuch schreiben. Auch Videoaufnahmen sind heutzutage leicht zu erstellen.
Merke
Sätze wie „der ist halt alt“ sind absolut fehl am Platz – auch unsere Hundeseniörchen haben ein Anrecht auf einen schmerzfreien, letzten Lebensabschnitt!!!